Rechenmahl 2017 (Daniel Cohen)

Mein erstes Ma(h)l

Vor einigen Wochen erhielt ich vom 2. Zunftschreiber Hansjörg Hofmann die Anfrage, ob ich vom diesjährigen Rechenmal der Zunft Hottingen den Stimmungsbericht schreiben könnte. Die Anfrage freute mich sehr, zeigte sie doch, dass ich nun als neu zugelassener Interessent auch bereits einen aktiven Beitrag zum Zunftleben leisten darf. Bereits bei den Vorgesprächen hatte ich aus der Überzeugung, dass das Zunftleben von der aktiven Teilnahme und ebenso von den aktiven Beiträgen der Gemeinschaft lebt, meinen Wunsch geäussert, selbst einen Beitrag leisten zu können. Nur, was war es, was ich aufschreiben sollte? Meine Eindrücke, die Eindrücke der Zünfter oder gar die der Ehrengäste? Alle Sichten haben ihre eigene Qualität, aber am authentischsten die Eigene. So hat mir Hansjörg Hofmann auch auf den Weg mitgegeben, ich solle meine persönlichen Erinnerungen an den Abend festhalten – seriös, aber bei Bedarf auch humoristisch und natürlich inhaltlich richtig – damit meinte er wohl vor allem die Namen, von denen mir noch nicht alle geläufig sind. Unter diesen Prämissen berichte ich gerne vom Rechenmahl als Interessent, an dem ich bereits einige Male als Gast teilnehmen durfte.

Nach der Generalversammlung und vor dem Rechenmahl

Ausgerüstet mit Block und Stift näherte ich mich dem festlich geschmückten Zunfthaus am Neumarkt. Die Generalversammlung war noch im Gange und der Platz vor dem Zunfthaus leer, bis auf die eintreffenden Ehrengäste Dr. Peter K. Neuenschwander, Zunftmeister der Zunft zur Schiffleuten, und sein Begleiter Filippo M. Lindt, Stubenmeister der Zunft zur Schiffleuten. Filippo, mit dem mich eine langjährige Freundschaft verbindet und den ich auch zu meinem engen Freundeskreis zählen darf, stellte mich gleich seinem Zunftmeister vor. Dieser war schwer bepackt und meinte denn auch gleich, mit Verweis auf seinen schweren Bürokoffer, dass er einen zwölfstündigen Filibuster mit im Gepäck hätte – zu Wort kämen an dem Abend die Hottinger deshalb wohl kaum.

Als die Generalversammlung zu Ende war, strömten die Zünfter sowohl an die Bar des Zunfthauses wie auch an die neue Bar der renovierten Kantorei. Ich schloss mich der Gruppe in der Kantorei an. Die allermeisten nahmen ein erstes Bier und ein paar – unter verächtlichen Blicken – ein erstes Panaché. Die Gespräche drehten sich um die neuen Uniformen des Zunftspiels aber vor allem auch um die kürzlichen Todesfälle. Man war sich einig, gerade auch in solch schweren Momenten, am Leben umso mehr teilnehmen zu wollen und auch, in Erinnerung an die Kollegen, solche Abende bewusst zu erleben und zu geniessen.

Trockenen Fusses bei noch herbstlichen Temperaturen gingen alle kurz vor sechs in den Zunftsaal. Dieser war wie immer wunderbar geschmückt, bereit für einen festlichen Anlass in freundschaftlichem Ambiente. Die Fahnen der Zunft Hottingen, das Fähnlein der Sieben Aufrechten und die Fahne der Stadt Zürich erstrahltem in hellem Licht. Es waren schön kontrastierende Farbtupfer zu den dunkeln Wänden, die insgesamt irgendwie etwas dunkler zu sein schienen als in der Vergangenheit, aber das sollte sich noch aufklären.

Rächemaal

Kurz nach sechs Uhr marschierten unter der donnernden Begleitung des Tambours die Vorsteher und Ehrengäste ein, welche durch alle im Saal mit Ehrerweisung und Vorfreude auf den Abend stehend empfangen wurden. Die Ehrengäste waren neben dem bereits erwähnten Dr. Peter K. Neuenschwander, Zunftmeister der Zunft zur Schiffleuten und seinem Begleiter Filippo M. Lindt, Stubenmeister der Zunft zur Schiffleuten auch Urs Berli, Zunftmeister der Zunft Fluntern und sein Begleiter Dr. Norbert Staub, 2. Zunftschreiber der Zunft Fluntern. Kurz nach dem Eintreffen begrüsste der Stubenmeister der Zunft Hottingen Martin Schmitt alle Anwesenden und stellte die anwesenden Gäste der Zünfter vor, die sich beim Aufruf ihres Namens durch „Aufstehen, nach rechts drehen bis zum Zunftmeister und danach, nach kurzer Verneigung, fertig drehen“ bemerkbar machen sollten. Es klappte bei allen einwandfrei und weckte Erinnerungen an die eigene Vorstellung in früherer Zeit. Als Gäste der Zunft anwesend waren Claudia Steinmann, Chefredaktorin bei TeleZ, die Sprecher am Sechseläuten 2017, David A. Wetter, Gesellschaft zur Constaffel, Tobias Egli, Zunft St. Niklaus, und Stephan Künzli, Stadtzunft, sowie wie in der Vergangenheit eine Dreierdelegation der nachbarschaftlich verbundenen Zürcher Singstudenten.

Nach der Begrüssung verdankte der Stubenmeister die vielen grosszügigen Weinspenden für runde Geburtstage sowie weitere Spenden für Essen und Trinken. Speziell eine Weinspende zweier Zünfter, die zusammen 100 Jahre alt geworden waren, wurde verdankt – mit dem Hinweis, dass sich bei einem von beiden Jubilaren wohl noch ein kleiner Fehler eingeschlichen hätte, da er gar noch nicht 50 Jahre alt geworden sei. Oder wie es der Stubenmeister kurz zusammenfasste, „die sind beide nicht 100“. Danach wurden die Schankburschen kurz vorgestellt und der Stubenmeister mahnte, dass wenn er die Glocke klingeln lasse, er „Ordnung und Zucht verlange, so dass der Zeitplan eingehalten werden kann“. Der darauf folgende Trinkspruch sollte dem Abend ein passendes Motto sein: „Gurgle mit viel Wein im Mund, dann bleibst du fröhlich und gesund.“ So forderte der Stubenmeister dann auch auf, die Gläser auf die schöne Zunft Hottingen und ein schönes Rechenmahl zu erheben.

Essen und Trinken

Die Vorspeise „Blettertäiggbaschteete mit Pilz us em Wald und Chrüüter“  kam sehr gut an und war, wie es die Tischnachbarn formulierten „ausgezeichnet“. Der darauf folgende „Hackbraate vo der Gans“ wurde ebenso gelobt! Das beim letzten Rechenmahl neu eingeführte „Martini-Gans-Format“ schien sich endgültig etabliert zu haben. Die positiven Rückmeldungen am ganzen Tisch zogen sich bis zum Dessert durch, der als „Novämber-Chilbi im Glesli“ noch etwas Überraschung bot. Alles war wirklich ausgezeichnet. Und auch der feine Wein wurde von den Schankburschen fleissig flüssig nachgeschenkt.

Als ich nach einem kurzen Besuch am Tisch des Zunftmeisters wieder an meinen Platz kam, stand auf meinem Notizblock der Satz „ganz sympathische Tischnachbarn“. Das kann ich nur bestätigen! Es war wirklich ein ausgesprochen unterhaltsamer Tisch. Viele Gesprächsthemen, viel zum Lachen, viel gemeinsam Erlebtes – und viele Fragen zu meinen Notizen. Speziell die anwesenden Sappeure gaben sich mit einer kurzen Antwort nicht zufrieden. Anscheinend wurde der kommende Stimmungsbericht auch an der Generalversammlung bereits erwähnt – so gab es Fragen zum Zweck und zum Publikationsort des Berichtes. Mit vereinten Kräften konnten die Fragen am Tisch beantwortet werden. Sodann wurde ich den Rest des Abends häufig nach dem Stand der Stimmung gefragt – als Stimmungsbericht-Schreiber müsste ich solche Dinge ja wissen. Meine Antwort war klar und liess sich im Laufe des Abends immer nachhaltiger Belegen: Die Stimmung am Rechenmahl war wirklich ausgezeichnet!

Zouftmeister begrüsst und spricht an

Unser Zunftmeister Marcus A. Gretener begrüsst, wie immer protokollarisch perfekt, von den Altzouftmeistern von Hottingen und Mitzouftmeistern  der anderen Zünfte, zu den Ehrengäsen und Gästen sowie den Schankburschen alle Anwesenden. Gleich eingangs spielt der Zunftmeister hinsichtlich des Zunftsaals auf den „zurückgewonnenen Darkroom“ an. So hat der Schreiber dieses Berichtes zumindest die Gewissheit, dass der Saal nicht nur dunkler wirkt, sondern auch ist – sind doch die Wände nun bis oben schwarz angestrichen. Der Zunftmeister begrüsst danach speziell die Ehrengäste und Gäste. Während er auf die Ehrengäste später nochmals genauer eingehen wird, stellt er zuerst Claudia Steinmann vor. Der Zunftmeister beschreibt, wie Claudia Steinmann als Chefredaktorin bei TeleZ mit der Idee zur sechsteiligen Serie übers Sechseläuten auf ihn zugekommen war. Klar war für ihn, dass dies ein beidseitiger Glücksfall gewesen war: Die Zunft konnte die verschiedenen Aktivitäten einem breiteren Publikum vorstellen, erhielt sehr viele positive Reaktionen und Tele Z hatte – quasi als Gegenleistung – die Möglichkeit, mit dem „schönsten Zunftmeister von Zürich und dem somit bestmöglichen Protagonisten“ zu drehen. Die Pointe kam, wenn auch teils oder vielleicht gerade weil auf Kosten des Zunftmeisters, bei allen gut an!

Der Zunftmeister stieg in seine Rede mit der vielgehörten und der nicht abschliessenden Liste von Schlagwörtern wie zum Beispiel Trump, Podemos und AFD ein – Sinnbilder des Populismus. Doch selbst beim Wort Populismus, so mahnte der Zunftmeister, sei eine klare Definition und Deutung schwierig. So brächte auch, trotz aller Bekanntheit des Begriffs und Verstärkung der Verbreitung des Begriffs durchs Internet, eine Google-Suche keine eindeutige Klärung sondern nur eine weitere Vielzahl von Deutungsmöglichkeiten. Entsprechend schwierig sei der Umgang mit dem in jedem Fall ernst zu nehmenden Populismus, der auf viele eine magische Anziehungskraft habe. Der Zunftmeister verwies in diesem Kontext auch auf den Deutsch-Britischen Soziologen Ralf Dahrendorf (* 1929 in Hamburg; † 2009 in Köln), der in seinem 2007 entstandenen Essay schrieb, dass der Vorwurf des Populismus selbst auch populistisch sei. Der Zunftmeister befasste sich dann mit den Ausprägungen des Populismus, näherte sich diesem Thema mit den Begriffen des guten und schlechten Populismus. Gerade der gute Populismus, eine Art Überdruckventil, müsse in einer gefestigten Demokratie offen diskutiert werden können. Im Gegensatz zum schlechten Populismus, der im Kern auch den Abbau der Demokratie habe.

Eine Kernfrage bei der Debatte sei auch, so der Zunftmeister, ob das Volk bzw. die Bürger wirklich noch der Souverän seien. Gerade auch die Schweiz – mit Föderalismus, Gemeindeautonomie und fakultativem Referendum – sei ein gutes Beispiel für einen gut funktionierenden liberal-demokratischen Staat. Doch auch der gute Populismus, betonte der Zunftmeister, habe Risiken. Er sei aber wichtig.

So brauche es auch in der Schweiz im Dialog die bekannten Tugenden des engagierten Diskurses, der Kompromissbereitschaft und der Toleranz gegen den gefährlichen Populismus. Der gute Populismus jedoch, hielt der Zunftmeister abschliessend fest, gehöre seit jeher zur republikanisch-demokratischen Kultur.

Zunftspiel und Veteranenehrung

Das Spiel der Zunft Hottingen begleitete wieder virtuos durch den Abend. Doch da auch beim Spiel das Sprichwort „Kleider-machen-Leute“ gelte, erwähnte der Zunftmeister, dass dies wohl das letzte Mal sei, dass man in den alten Uniformen spiele. Und auf das Kommando „Spiel vorwärts Marsch“ wurde der 6i-lüütemarsch – unabhängig vom Alter der aktuellen Uniformen – von allen im Saal mit sichtlicher Freude stehend begleitet.

Die Ehrung der Veteranen war wie in den vergangenen Jahren ein wichtiger und würdiger Teil des Rechenmahls. Bei den aufgerufenen Zünftern zeigte sich nicht nur ihre grosse Verbundenheit mit der Zunft, sondern in den Reden auch ihre Wichtigkeit für das aktive Zunftleben über viele Generationen hinweg! Der Schluck aus dem Zunftmeisterbecher war für alle der schöne Abschluss der Ehrung. Der 1. Zunftschreiber Anders Mathis übernahm die Aufgabe dieser in der Zunft wichtigen und würdigen Ehrungen stellvertretend für den abwesenden Statthalter.

Mit Alt-Stubenmeister Peter Eckert wurde nicht nur seine 60-jährige Zunftzughörigkeit geehrt sondern auch eine Person, die die Zunft stark geprägt hat und ebenso inter-zoiftig sehr bekannt war. Man konnte klar spüren, wie gross die Anerkennung aller im Festsaal war. So hat der 1. Zunftschreiber nicht nur ausführlich seine Verdienste für die Zunft, sondern auch seine grosse Ausstrahlung über die Zunft Hottingen hinaus gewürdigt. Die stehenden Ovationen unterstrichen die Anerkennung und den Dank der Zunft für seine Leistungen. Peter Eckert hat auch gezeigt, wieso er nicht nur über die Zunftgrenzen hinaus geschätzt, sondern auch gefürchtet war. Scharfzüngig und schnell konterte er während des ganzen Abends bei allerlei Themen und mit Einwürfen. So sagte er im Rahmen seiner Ehrung auch, wie sehr er das Zunftleben immer geschätzt habe – mit „Jung, Alt, Dumm und Fröhlich“. Doch auch bei dem von ihm gewählten Geschenk wurde herzhaft gelacht. Er wolle „einen Beitrag zu den weiblichen Uniformhosen des Spiels leisten“, betonte er. Bei seinen Ausführungen, wieso es gerade die Hosen sein sollten, gab es kein Halten mehr im Zunftsaal – das schallende Gelächter aller zeigte einmal mehr, wie stark Peter Eckert die Zunft prägte. Dies bestätigte der Zunftmeister in der Würdigung seines grossen Engagements.

Danach wurden 150-Jahre „Zünfter-Power“ geehrt. Die Zünfter Jack Reinhardt, Felix Graf und Peter Graf wurden für ihr je 50-jähriges Jubiläum geehrt. Während Anders Mathis bei Felix und Peter Graf auch ihre Reitervergangenheit ansprach, betonte er bei Jack Reinhardt seinen Beitrag als Gründungsmitglied des äusserst beliebten Hottingerfäschts. Jack Reinhardt berichtete aus den Jahren ihrer aller Aufnahme – so zum Beispiel als die Rolling Stones das Hallenstadion füllten. Für alle drei kündete er eine namhafte Spende zu den neuen Uniformen an.

Es folgte die Ehrung der Zünfter, die schon 40 Jahre Zugehörigkeit feierten. Es waren dies Peter A. Schnetzler und Hansjürg Diener. Der 1. Zunftschreiber betonte, dass Hansjürg Diener mit seiner 48-fachen berittenen Teilnahme am 6i-lüüte wohl einen Weltrekord aufgestellt habe, während Peter A. Schnetzler jeweils als Sappeur teilgenommen hatte.

Bei den Jubiläen mit 25-jähriger Zugehörigkeit wurden Hansjörg Hofmann, Dieter Fischer, Tom Fischer, Michel Claude Reinhardt, Daniel Reinhardt, Thomas Bohn und Markus Dubs nach vorne gebeten. Sie alle wurden von Anders Mathis gewürdigt und er dankte Ihnen für ihr grosses Engagement für die Zunft. Bei jedem Jubilar wurde auch von Erlebnissen und Eindrücken seit ihrer Aufnahme erzählt. So wurde zum Beispiel bei Thomas Bohn von den ersten Biergläsern der Zunft berichtet, deren Bedruck keinen einzigen Gang in der Waschmaschine überstand, oder bei Hansjörg Hofmann von der 100-Jahrfeier im Albisgüetli und dem Zunft-Tirggel oder bei Markus Dubs von seinem Engagement als Reiterchef in der Zunft Hottingen und jetzt im ZZZ. Verbindend war ihre Zeit als Zunftgesellen der ersten Stunde unter dem anwesenden Alt-Gesellenmeister Rolf Eggs. Auch er wurde, zusammen mit den Jubilaren, für seine grossen Verdienste gewürdigt und sein Engagement mit grossem Applaus verdankt. Die Jubilare kündigten als Spende 3-4 neue Kostüme für die Burschen und Mädchen der Zunft an.

Ebenfalls Jubiläum hatten im Jahr des Rechenmahls 2017 Adrian Nösberger und Christian Stamm. Sie feierten ihre 10-jährige Zunft-Zugehörigkeit, auch ohne dass sie nach vorne zum Zunftmeister gebeten wurden – was auch nicht der Usanz der Zunft entsprochen hätte.

Die Reden der Ehrengäste

Als Erster wurde der Zunftmeister der Zunft zur Schiffleuten, Dr. Peter K. Neuenschwander vom Zunftmeister der Zunft Hottingen vorgestellt. Der Zunftmeister der Zunft Hottingen knöpfte sich zuerst den optischen Auftritt seines Ehrengastes vor, seine Fliege genauer gesagt. So meinte unser Zunftmeister, es sei schon bemerkenswert, dass sich sein Ehrengast ein Insekt um den Hals binde – halb Schmetterling halb Fliege. Aber das sei im Gegensatz zur Krawatte wohl auch weniger störend beim Essen, Arbeiten und anderen, hier nicht genannten Aktivitäten. Da lobe er sich schon viel mehr sein Foulard, das er eben als geerdeter Hottinger trage. Doch auch die Verdienste sprach der Hottinger Zunftmeister an – so zum Beispiel, dass der Zunftmeister der Zunft zur Schiffleuten im Who-is-Who des Legal sei. Dabei sollte es aber nicht bleiben: Unser Zunftmeister nahm die Kommunikation des Pazifischen Herings, aus seiner Sicht eindeutig sinnbildlich für die Schiffleuten, als Metapher für deren Kommunikation. Die Fische, so berichtete der Zunftmeister der Zunft Hottingen, kommunizierten via Luftblase und schlussendlich Darmgeräuschen über drei-Oktaven. Doch weiter wollen wir, speziell da es sich beim Ehrengast um einen Anwalt handelt, hier sicherheitshalber nicht berichten.

Auch der Begleiter Filippo M. Lindt wurde vom Zunftmeister der Zunft Hottingen vorgestellt. Einen Stalker nannte er ihn – weil er ihm als Nachfolgemieter in die Wohnung im Seefeld, danach ins Haus in Meilen und schlussendlich nun bis auf die Zunftstube folge. Obwohl ich, da ich an allen drei Orten schon sowohl mit dem Zunftmeister wie auch Filippo M. Lindt anwesend war, die Aussage bestens nachvollziehen kann, so bleibt mir doch festzuhalten, dass zumindest der Besuch auf der Hottinger Zunftstube von temporärer Natur war. Ich gehe nicht davon aus, dass Filippo M. Lindt dort so häufig anzutreffen sein wird wie an den ehemaligen Wohnorten unseres Zunftmeisters.

Der Zunftmeister der Zunft zur Schiffleuten übergab bei seinem Besuch unserem Zunftmeister die neue Zunftchronik der Zunft zur Schiffleuten. So nahm er auch darauf Bezug und meinte man könne dort lesen, dass Gottfried Keller öfter bei den Schiffleuten war. Und nicht nur Gottfried Keller, auch viele andere berühmte Leute, während dem das Zunfthaus am Neumarkt vor allem für seinen „Foulard-Zunftmeister“ bekannt sei. So haben sich die beiden klar bei der gegenseitigen Würdigung ihres Krawattenersatzes gefunden – der eine mit Fliege, der andere mit Foulard. Doch auch die Fernsehauftritte unseres Zunftmeisters und sein „kometenhafter Aufstieg“ bei der Zunft blieben nicht unerwähnt. Pointiert, direkt und immer respektvoll begegneten sich die beiden Zunftmeister. So gab es am Schluss für die „einfühlsamen Worte“ des Ehrengasts einen riesigen Applaus, einen Tirggel und das Buch über die Zunftherren, Wiedertäufer, Revoluzzer, welches das Zunfthaus am Neumarkt als Bühne der Stadtgeschichte beschreibt.

Als zweiter Ehrengast wurde der Zunftmeister der Zunft Fluntern, Urs Berli von unserem Zunftmeister vorgestellt. Unser Zunftmeister spielte auf die vielen angeblichen Kontakte des Zunftmeisters der Zunft Fluntern zu den Hottinger Zünftern an. Doch um das zu verifizieren, verlangte der Hottinger Zunftmeister, dass sich alle die Urs Berli kennen, per Handzeichen kenntlich zu zeigen. Es waren erstaunlich viele – doch auf das konterte unser Zunftmeister auch gleich wieder, dass sich dies nach der Rede wohlmöglich nochmals ändern würde. Auch das, wie unser Zunftmeister es nannte, „ebenso angespannte Verhältnis zur Schule wie zum Anzug“ blieb nicht unerwähnt. Speziell aber die von unserem Zunftmeister erwähnte, erste Amtshandlung des Zunftmeisters von Fluntern, die Zunftlaternen auf die Höhe von Räbeliechtli kürzen zu lassen, fand schallenden Beifall bei den Hottinger Zünftern.

Auch beim zweiten Ehrengast stellte unser Zunftmeister den Begleiter, Dr. Norbert Staub, vor. Bezug nehmend auf Aussage zur Schule meinte unser Zunftmeister, er bilde eben den notwendigen „intellektuellen Beistand“.

Doch auch der Zunftmeister der Zunft Fluntern forderte unseren Zunftmeister heraus. So sprach er ihn fortan mit einem französisch intonierten „Marcüs“ an. Und dabei hatte Urs Berli bei unserem Zunftmeister eine klare „massive komplexe maximale nasale Hottingitis“ diagnostiziert. Der Aufstieg vom „Leichtathlet zum zoiftigen Schwergewicht“ sei ihm nicht gut bekommen. Und als Therapie helfe nur noch, dass unser Zunftmeister vom „hohen Ross runter komme“. Auch bei diesem verbalen Schlagabtausch war die gegenseitige hohe Wertschätzung immer spürbar. Der tosende Applaus zeigte, dass es trotzdem so einiges auf Kosten beider für alle Anwesenden zu lachen gab. Auch für den zweiten Ehrengast gab es das bereits erwähnte Buch zu den Zunftherren, Wiedertaufern und Revoluzzern und einen Tirggel.

Aufnahmen – Neue Zünfter und Neue Gesellen

In einem feierlichen Akt wurden die von der Vorsteherschaft und in der Generalversammlung neu gewählten Zünfter nach vorne zum Tisch des Zunftmeisters gebeten.  Es waren die vier Zünfter Bénédict Thomann, Andreas Kubli, Raphael Hus und Marcel Weber. Als äusserliches Zeichen ihres Standes wurde ihnen vom Zunftmeister feierlich das Hottinger Zunftabzeichen übergeben. Die Aufgenommenen haben sich sichtlich gefreut und dies in ihrer Dankesrede auch klar zum Ausdruck gebracht. Dieser Tag werde, wie bereits bei der vorherigen Veteranenehrung von den Jubilaren mehrmals erwähnt, auch in ihrer Erinnerung ein ganz spezieller Tag bleiben – mit vielen Erinnerungen und auch Stolz, nun ein Hottinger Zünfter zu sein. Bei der nachfolgenden Runde am Ehrentisch wurden von ihnen die Gratulationen entgegengenommen.

Die neu aufgenommenen Gesellen waren zu zweit. Es waren dies Fabian Rengel und Rico Zeller. Auch sie wurden im neuen Stand begrüsst und mit den Worten, dass sie mit ihrem jugendlichen Elan ein vielversprechender Nachwuchs seien, verabschiedet.

Die Singstudenten

Der Zunftmeister stellte die drei Singstudenten vor. Es waren dies Christian Weiss (Bursch), Dominic Hendry (Fuxe) und Patric Lohri (Fuxe). Er stellte auch gleich klar, dass der Sprecher der Singstudenten mittels Ausschlussverfahren ermittelt worden sei. Obwohl, so schien es ob der Worte, keiner die Qualifikation als Sprecher erfüllte, blieb so zumindest einer, der die Aufgabe übernehmen konnte.

Seitens der Singstudenten ergriff Patric Lohri das Wort. Es sei eine Ehre, dass die Singstudenten Jahr für Jahr kommen dürften, meinte er. Die Rede der Singstudenten sei aber sicherlich auch das Highlight des Hottinger Rechenmahls, meinte er ebenso überzeugt. Was die Singstudenten aber vor allem betonten, war ihre Sicht des rapiden Niedergangs der Zunft. So sei der „Abstieg der Zunft, wie ihr Hang zu den Singstudenten“ historisch belegt. Und so kam auch unser Alt-Zunftmeister Dr. Martin Eckert in den Fokus der Rede. Der Hackbraten der Gans wurde als Beleg der grassierenden Armut gedeutet. Doch die Singstudenten endeten versöhnlich und überreichten dem Zunftmeister zur Abfederung der engen finanziellen Verhältnisse Gutscheine für Aldi und die Kantorei – wobei der Zunftmeister aufgrund der Beträge wenig Hoffnung auf nützliche Verwendung sah und gleich die ganze Rede als „Discountrede“ abstempelte.

Der folgende grosse Applaus zeigte, dass die Rede und die Replik gut aufgenommen wurden und die Singstudenten wohl auch ihren Platz für das Folgejahr verteidigen konnten.

Nächtliches Unterhaltungsprogramm

Kurz nach dem Stück des Zunftspiels „Ein Freund, ein guter Freund“, welches alle aus voller Kehle mitsangen, der Verdankung der Musik, sowie des abschliessenden Sechseläutenmarsches, folgte das Unterhaltungsprogramm. Es kamen dabei, von Hottinger Zünftern toll gespielt, Vladimir Putin, Kim Yong Un und Donald Trump zu allerlei aktuellen Themen bestens moderiert zu Wort. Es kamen neben Besonderheiten in der Zunft, die Frage von Frauen in der Zunft und auch der Zunftmeister zur Sprache – oder wie es Trump kurz und bündig formulierte „Make Sechseläuten Great again“. Und dazu gab es noch gleich sein Buch „The Art of the Deal“ für den Zunftmeister.

Der Zunftmeister verdankte die Produktion, wies aber in Richtung Trump noch darauf hin, dass es da eine Präzisierung gäbe – es heisse nämlich „Gretener makes Hottingen Greatener“, was mit schallendem Gelächter und Applaus honoriert wurde. Die mit viel Engagement und Herzblut vorbereitete Produktion kam sehr gut an. Die Lacher waren gewiss und die Pointen scharfsinnig. Der grosse und lange Applaus zeigte die Freude der Zünfter an der Produktion und den dargestellten Protagonisten.

Gleich nach der Produktion kamen der als Spende angekündigte Fleischkäse und das Bier. Wie immer, perfekt für die späte Stunde. Es wurde intensiv über das Erlebte geredet und bereits Ideen für das nächste Jahr ausgetauscht.

Verdankungen und das Wort am Schluss

Der Zunftmeister bat den Stubenmeister und den Zeugwart  nach vorne. Er bedankte sich bei beiden für den grossen Einsatz und fragte den Stubenmeister, in Anlehnung an die Sendung Bachelor, ob er „auch nächstes Jahr sein Stubi sein wolle“. Dieser nahm zum Glück das angebotene Nägeli an – es scheint also den nächsten Anlässen nichts mehr im Wege zu stehen.

Dann verdankte der Zunftmeister auch die Schankburschen, wobei der Schankmeister sein Team kurz vorstellte. Es gab für alle einen Schluck aus dem Zunftmeisterbecher.

Speziell verdankte der Zunftmeister den 1. Zunftschreiber Anders Mathis, der für den abwesenden Statthalter eingesprungen war und während dem Abend auch die Aufgaben des Statthalters mit vollem Engagement übernommen hatte.

Ausführlich verdankt wurde auch das Neumarkt Team, welches ausgezeichnete Arbeit leistete und – wie es der Zunftmeister nannte – uns „fürsorglich und fürstlich verköstigte“. Ebenso kündigte er die personellen Wechsel in der Betreuung an und zeigte sich zuversichtlich, dass die Zunft auch in den neuen Händen ebenso gut versorgt werde.

Der Zunftmeister bedankte sich beim Alt-Reiterchef Dieter Jenni für dessen grosse Verdienste und Grosszügigkeit gegenüber der Zunft – so wie zum Beispiel mit den angebotenen Räumlichkeiten zur Unterbringung und Lagerung der Kostüme.

Der Zunftmeister beendete den wunderbaren Abend, dankte den Ehrengästen und ihren Begleitern für ihr Kommen und wünschte allen Anwesenden eine gute Heimkehr. Das Hottinger Rechenmahl 2017 wurde mit den Worten des Zunftmeisters „Dadämit schlüss ich s’Rächemahl mit em traditionelle Gruess: Ich wöische de Obrigkeit, de Stadt, em Land und öi Zöifter Säge, Heil und Wohlfahrt“ offiziell beendet.

Aufräumen und das Bier danach

Fleissig wurde alles aufgeräumt, die Tische zusammengeklappt, die Stühle weggetragen und die Fahnen aufgerollt. Dies geschah aber erst, als alle ihr Glas noch fertig trinken konnten.

Danach fand der Abend noch seinen schönen Ausklang mit einem Glas Bier in der Neumarkt Bar – mein Bier nach meinem ersten Ma(h)l als Schreiber des Stimmungsberichts. Viele kamen noch mit. Die vielen Erlebnisse wurden ausgetauscht und die Freude am schönen Abend war gross.

Daniel Cohen, Dezember 2017

 

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