Rechenmahl 2024 (David Risi)

Eintreffen und Begrüssung im Zunftsaal

Nach einer aussergewöhnlichen Böögg-Verbrennung in Heiden treffen am neblig-kühlen Herbsttag, Samstag, den 9. November 2024, die Zünfter, Zünfterssöhne, Bewerber Interessenten, persönliche Gäste und Zunftgesellen und Gäste im reich geschmückten Zunftsaal im Neumarkt zum 128. Rechenmahl zusammen.

Schnell vergeht die herbstliche Atmosphäre draussen vor den Pforten in der gemütlichen und heimeligen Atmosphäre der Zunftstube. Die Harmonie Kilchberg spielt auf und die Stimmung im Saal ist feierlich festlich, die Flaggen hängen von den Wänden, die Tische sind geschmückt mit Blumen, glänzend polierten Kelchen und Bechern und die Kerzen verleihen ein warmes gemütliches Licht.

Das Wort erhebt der Stubenmeister Jörg Röthlisberger wortgewandt und lautstark im Ton und begrüsst die Anwesenden herzlich und freut sich über eine volle Zunftstube mit 183 Personen, auch vier Damen sind dabei! Die volle Stube zeigt, wofür die Zunft steht und lebt— für „Freundschaft in der Freiheit.“ Um dies zu feiern, ist für gute Weine gesorgt und die Liste der Weinspender lang, inklusive Grossspender wie Bruno Mock. Der Trinkspruch zum Mahl: «Wenn Du einen Freund hast und der hat gute Weine, dann halt dich gut mit ihm, sonst trinkt er sie alleine.»

Die Zunftmeisterrede

Der neue Zunftmeister Anders Mathis erhebt das Wort und begrüsst alle Anwesenden in feierlichem Ton. Er nennt die Ehrengäste, die vier Damen, die Dreierdelegation der Singstudenten und alle Freunde, die aus gesundheitlichen Gründen heute nicht auf der Stube sein können.

Der neue Zunftmeister kann auf eine generationenübergreifende Verbindung zur Zunft bauen. Schon sein Grossvater und sein Vater waren «Vollblutzoifter». Seit jeher gehört die Zunft zu seinem Leben und ist Teil der Familie. Er war Schankbursche, Geselle und seit 2005 Zünfter. «Freundschaft in Freiheit» und «Zoifter bliibt mer es lebelang» sind Teil seines Lebens, geben lebenslange Verbundenheit und über Generationen hinweg—«Geborgenheit ein Leben lang!».

Werte, wie sie die Zunft Hottingen pflegt, Face-to-Face Freundschaften, man sich trifft, miteinander spricht und sich zu diversen Themen austauschen kann, sind in Zeiten sozialer Medien, wo Likes wichtiger sind als wahre Freunde und Verwandte, wichtiger denn je! In einer Zeit, wo einzelne Komponenten der Gesellschaft nur noch eigene Meinungen und Werte akzeptieren, und Andersdenkende ausschliessen, sind Gedanken und Werte, wie sie in Hottingen gelebt werden wie Toleranz, Demokratie und die Meinung des Gegenübers zu tolerieren, ein wichtiger Bestandteil unserer Wertegemeinschaft. Es geht somit darum, diesen Zusammenhalt zu pflegen und in die Zukunft zu bringen und zu festigen. So hebt der frisch gewählte Zunftmeister zum ersten Mal seinen Becher, um mit allen Versammelten auf den offenen Dialog, die Meinungsfreiheit und die Pflege wahrer Freundschaften anzustossen.

Begrüssung der Harmonie Kilchberg und Verabschiedungen des Altzunftmeisters und des Zeugwarts

Der Zunftmeister stellt die musikalische Begleitung der Harmonie Kilchberg unter der Leitung von Patrick Leutzinger vor. Die Harmonie verdankt es ihm mit zwei aufheiternden musikalischen Einheiten, die den Saal zum Klingen bringen und die Gesichter der Anwesenden erstrahlen lassen.

Der neue Zunftmeister verabschiedet den Altzunftmeister. Als reitender Zunftmeister war Marcus Gretener von 2014 bis 2024 mit Herz und Seele nicht nur für die Zunft Hottingen, sondern auch für das ganze zoiftige Zürich im Einsatz. Die Zunft verdankt ihm sehr viel und mehr, als sich im Rahmen dieses Berichts je erwähnen lässt. Klar ist, dass die hohe Teilnehmerzahl und das grosse Interesse an der Zunft (mit aktuell 36 Gesellen und zehn Bewerbern) das zoiftige Leben heute und in Zukunft gestärkt haben, ein Erfolg und Verdienst, den wir dem Alt Zunftmeister zu verdanken haben. Als «Mister Corona» hat Marcus die Zunft auch durch schwierige und turbulente Zeiten erfolgreich navigiert und den Generationenbund nachhaltig gestärkt. Feierlich wird ihm die Altzunftmeisterkette übergeben, und ein Schluck aus dem Zunftmeisterbecher offeriert. Es ertönt ein tosender Applaus mit Standing Ovation, der kaum abklingen will und für die grosse Dankbarkeit für Marcus’ Einsatz, Leistung und Hingabe als  Zunftmeister über eine Dekade hinweg steht.

Der Zunftmeister verabschiedet den Zeugwart Thomas Heuberger. Thomas hat sein Amt mit grosser Hingabe als «stiller Schaffer» und «Perfektionist» mit Blick aufs Wesentlichste und einem effizienten Ressourcenmanagement ausgeführt. Mit viel Effizienz und Fleiss hat er so etwa die Laternenrechen repariert und auf den Neuzustand zurückgebracht. Im Hotel The Dolder Grand hat er während der Corona-Pandemie den leeren Saal mit viel Hingabe in einen würdigen Zunftsaal für das Rechenmahl 2020 verwandelt, das in der damals schwierigen Zeit für viele Zünftler nicht nur ihr grosses Bedürfnis nach freundschaftlichem Beisammensein erfüllt hat, sondern auch ein Erlebnis geschaffen, dass vielen in ewiger Erinnerung bleiben wird. Auch die Erweiterung der Ahnentafel hat er in seiner Zeit als Zeugwart realisiert. Zum Dank wird ihm der Altvorsteher Becher überreicht, ein Schluck aus dem Zunftmeisterbecher offeriert und es folgt ein grosser Applaus.

Vorstellung der Ehrengäste und ihre Reden

Der Zunftmeister stellt seinen ersten, beziehungsweise allerersten, Ehrengast, Herrn Christian Bretscher, Zunftmeister Zunft zum Kämbel, vor. So sei Christan Bretscher ein «kleiner Hottinger», Jurist, Politiker und Lobbyist mit eigener Firma. Begleitet wird er von Timo Fenner, 2. Zunftschreiber Zunft zum Kämbel.

Christian Bretscher erhebt das Wort, bedankt sich für die Einladung des 19. Zunftmeisters der Zunft Hottingen und zeichnet alsdann eine rosige Zukunft für die Zunft Hottingen. Anders sei „ein ganz Feiner“ und er freue sich, ihn im Kreise der Zürcher Zunftmeister willkommen zu heissen. Es folgt ein Dreifach-Hoch. Er überreicht ihm als Gastgeschenk den Wein der Zunft zum Kämbel, von dem «böse Zungen behaupten würde, er müsse halt weg!»

Der Zunftmeister stellt seinen zweiten Ehrengast, Herrn Dr. Pascal Pauli, Zunftmeister der Zunft Schwamendingen, vor. Dieser sei, wie er in witzig amüsanter Weise meint, ein «ewiger Student», der es aber doch zum Teamleiter des Staatsarchivs des Kanton Zürich gebracht habe. Er weist auch auf einige Gemeinsamkeiten zwischen dem Gast und dem Hottinger Zunftmeister hin: beide seien «Flamberger», «Fussball-Ignoranten» und lieben Schokolade und Katzen.

Dr. Pascal Pauli, aus Benglen und, so zumindest beschreibt dieser einen Stammbaum selbst, aus einfachsten Verhältnissen einer Torfstecher-Familie stammend, hat das Publikum mit viel Witz und Humor auf seiner Seite und trainierte die Lachmuskeln der Anwesenden. Seine Devise am heutigen Tag: «Uns ist der Nebel piep egal, wir feiern trotzdem Rechenmahl!». Ganz besonders freue er sich, den «Chuck Norris vom Neumarkt» in den Reihen der Zürcher Zunftmeister begrüssen zu dürfen und wünscht dem neuen Zunftmeister alles Gute und Glück. Er sei davon überzeugt, dass mit Anders Mathis die «Zunft Hottingen weiterhin zentrale Konstante und Stütze des Zürcher Zunftwesens sein werde.» Er erhebt seinen Becher auf ein schallendes Dreifach-Hoch.

Ehrungen und weitere Reden

Der Statthalter ehrt für 60 Jahre Zunftzugehörigkeit, Bruno Mock. Bruno Mock war bereits kurz nach seiner Aufnahme im Jahr 1964, 1968 in die Vorsteherschaft gewählt worden, wo er bis 1982 als Zunftpfleger und anschliessend bis 1986 als Statthalter amtete. Bruno Mock bedankt sich für die Freundschaft und die Zeit als aktives Mitglied der Hottinger Zunft. Alsdann berichtet er eine Anekdote vom Sechseläuten vor 50 Jahren, als sie den Böögg am Ball im Grand Hotel Dolder entführen liessen. Sie brachten es fertig, einen Lieferschein vom Präsidenten des Zentralkomitees der Zünfte Zürichs unterschreiben zu lassen und den Böögg auf einem Schiff vor dem Bauschänzli zu positionieren. Als sie nach dem Ball ihr Werk bestaunen wollten, war bereits die Feuerwehr vor Ort, da ein Mitglied der Zunft zur Meisen den Böögg bereits angezündet hatte. Um für ein würdevolles Ende zu sorgen, hatten sie ein Begräbnis des Bööggs mit Leidmahl organisiert. Eine insgesamt schöne und historisch anmutende Geschichte, mit Blick zurück in die Zeiten des Wild-Wild-Zürichs.

Als nächstes ehrt der Statthalter Andreas Lattmann eine Sechsergruppe an Zünfter für ihre 50-jährige Mitgliedschaft bei der Zunft Hottingen. Die Laudatio für Ulrich (Ueli) Baur, Eduard (Eddie) Brunner, Dieter Jenni, Kurt Mathys (konnte leider aus gesundheitlichen Gründen nicht mit dabei sein), Dr. Felix Meier und Rudolf (Ruedi) Moser ist ausgesprochen freundschaftlich, humorvoll, empathisch und gleichermassen ehrwürdig im Ton.

Die Jubilare eröffnen Einblicke in die historische Entwicklung der Zunft und schliessen, dass «die Zunft Hottingen in den letzten 50 Jahren auch immer die Zunft Hottingen geblieben sei.» In humorvoller Weise berichten die Jubilare aber auch über die feinen Unterschiede. So war es früher so, dass wenn einem ältere Zünfter das «per Du» angeboten haben, es jeweils eine Ehre gewesen sei, einem dieses aber jederzeit auch wieder entzogen werden konnte. Dies sei ein gutes Beispiel dafür, dass früher schon alles noch etwas förmlicher gewesen sei. Der Dresscode sei ein weiteres Beispiel dafür, wobei sie sich vorstellen können, dass «dieser in Zukunft doch auch noch etwas sommerlicher sein könnte». Mit Freude weisen sie darauf hin, dass die junge Generation heute sehr aktiv sei, was man an der Gesellengruppe sehen könne, was sehr schön sei! Als Geschenk übergeben Sie ein neues Zunft-Banner «für eine neue Zukunft der Hottinger Zunft mit neuem Zunftmeister!» Weiter überreichen Sie „drei Dinge“ aus dem persönlichen Nachlass von dem 1890 verstorbenen Gottfried Keller, die aus persönlichen Erbstücken von Arnold Böcklin aus dem Nachlass von Gottfried Keller stammen.

Weiter folgt die Ehrung für 25 Jahre Zunftmitgliedschaft an David Habegger und Daniel Graf. Die beiden führen einen «Revisionsbericht» mit Freuden- und Freundschaftsbilanzierung (inkl. Apéro Dichte) durch und errechnen ein positives Ergebnis. Als IT Experten, deren Welt aus Nullen und Einsen bestehe, kommen Sie zum Schluss, dass es «keine Nullen bei den Hottingern» gebe. Zum Dank für 25 Jahre Zunftzugehörigkeit überreichen sie der Zunft neue Schankburschenabzeichen. Der Zunftmeister überreicht im Gegenzug den beiden Ihre Veteranenbecher.

Neuaufnahmen in die Zunft

Aufnahme der beiden Neuzünfter Philipp Knecht und Pascal Lutz. Die Atmosphäre ist zeremoniell, so sind die elektrischen Lichter aus und der Saal nur noch durch das warme Licht hunderter Kerzen beleuchtet. Die Gesichter der beiden Neuzünfter erstrahlen vollends, als sie durch den Zunftmeister als neue Mitglieder der Zunft Hottingen begrüsst und darauf hingewiesen werden, dass die Aufnahme gleichermassen Rechte und Pflichten im Sinne «Freundschaft in der Freiheit» bedeute.

Philipp Knecht und Pascal Lutz berichten von ihrem Werdegang in der Zunft, dass sie seit Kindesbeinen am Sechseläuten mit dabei gewesen seien, und richten schliesslich ein «herzliches Dankeschön an alle, dass sie in diesem Generationenbund dabei sein dürfen!»

Der Gesellenmeister, Dominique Bohn, stellt sieben neue Gesellen vor. Die Zunft Hottingen wächst weiter und der Generationenbund wird weiterleben!

Zürcher Singstudenten, Überraschungsprogramm und Danksagung an das Zunftspiel

Der Zunftmeister begrüsst die drei Zürcher Singstudenten, wie immer „eher Pflicht als Freude“. Die Singstudenten gratulieren dem neuen Zunftmeister zur Wahl und beschenken diesen mit Pralinen für seine Frau, seine Kinder (sprich: zwei Hunde und zwei Katzen) und für seine Nachbarin, die vom Zunftmeister ganz angetan zu sein scheint sonst sei aber über ihn wenig herauszufinden. Zum Schluss erheben sie ihre Gläser für ein Dreifach-Hoch auf den Zunftmeister, die Zunft Hottingen und die schöne Stadt Zürich!

Das Überraschungs-Programm unter dem Schlagwort „Hotti-Leaks“ der Reitergrupppe der Zunft Hottingen, befasst sich im Rahmen eines parodistischen Theaterspiels mit der Abschaffung der Pferde und einem Verbot der Kanonen-Schüsse am Sechseläuten. Im Rahmen einer witzig und kreativ nachgespielten Zürcher Stadtratssitzung werden diese Themen debattiert. Der Stadtrat kommt zum Schluss, dass Stecken Pferdchen und Konfetti Kanonen die Lösung seien und das Sechseläuten ganz «Anders» machen würden.

Danksagung an die Harmonie und ein grosses Dankeschön der Harmonie zurück an den Altzunftmeister, Marcus Gretener. Es wird eine Torte in der Form eines traditionellen Tschakos des Zunftspiels überreicht. Zum letzten Mal, was alle Anwesenden etwas nostalgisch stimmt, ertönt der Befehl des Altzunftmeisters: «Spiel, vorwärts, marsch!»

Traditioneller Schlusspunkt

Zum Schluss bedankt sich der Zunftmeister bei allen die diesen Abend zu einem gelungenen Einstand für ihn gemacht haben. Insbesondere den Schankburschen, dem Stubenmeister, dem Zeugwart, dem gesamten Küchen- und Serviceteam, dem Zunftspiel sowie den Ehrengästen und Gästen, die diesen Abend mit Ihrem Besuch auf unserer Stube bereichert haben. Nachdem die Mitternachtsverpflegung (grosses Zouftwüürschtlii) verspeist wurde, beendet der Zunftmeister ein einmalig unterhaltsames, harmonisches, lustiges und geistig anregendes Rechenmahl 2024 wie jedes Jahr mit dem traditionellen Gruss: «Ich wünsche der Obrigkeit, der Stadt, dem Land und allen Zünftern Segen, Heil und Wohlfahrt.»

Das Schlusswort

Mein persönlicher Dank gilt dem Zunftmeister und der Vorsteherschaft, die dieses Rechenmahl zu einem gelungenen, wunderbaren, harmonischen, freundschaftlichen, geselligen und stilvollen Erlebnis gemacht haben.