Gottfried Keller wurde am 19. Juli 1819 in Zürich geboren. Nach dem frühen Tod des Vaters besuchte er bis 1834 verschiedene Schulen. Einen Studienaufenthalt in München – mit dem Ziel, Maler zu werden – brach er ab und begann seine literarischen Studien. Seine erste Gedichtsammlung (1846) verhalf ihm zu einem Stipendium in Zürich. 1848 – 1850 studierte Keller in Heidelberg Geschichte, Philosophie und Literatur. 1850 – 1855 lebte er in Berlin und danach wieder in Zürich als freier Schriftsteller. Von 1861 bis 1876 war er Erster Staatsschreiber des Kantons Zürich, danach widmete er sich nur noch seinen literarischen Arbeiten. Die letzten acht Jahre seines Lebens lebte und arbeitete Gottfried Keller in Hottingen. Er starb am 16. Juli 1890.
1860 schreibt Gottfried Keller die Novelle ‚Das Fähnlein der sieben Aufrechten‘. Geschrieben für ‚Berthold Auerbachs Deutschen Volkskalender‘ erschien sie 1860 in Leipzig, wurde sofort von der Berner Tageszeitung ‚Der Bund‘ nachgedruckt und begründete Kellers Ruhm als Nationaldichter der Schweiz. Die Erzählung im Ton von Volksstück und Kalendergeschichte spielt in Zürich, Schauplatz des glücklichen Finales der Geschichte ist jedoch Aarau, wo 1849, im Jahr nach der Gründung des modernen Schweizer Bundesstaates, das ‚Eidgenössische Freischiessen‘ stattfand. Die ‚Aufrechten‘, ein Freundesbund von sieben Zürcher Handwerkern und Gastwirten, alles altgediente Freiheitskämpfer, beschliessen mitzufeiern, und zwar erstmals unter eigenem Fähnlein. Die beiden Wortführer des Vereins, der reiche Zimmermeister Frymann und der arme Schneider Hediger, geraten dadurch in schwere Bedrängnis: keinem fallen die passenden Grussworte für die tausendköpfige Versammlung ein. In letzter Minute rettet sie Karl, jüngster Sohn des Schneiders, mit einer schwungvoll-heiteren Rede, die im Nu die Herzen der Menge gewinnt. Was ihn dabei inspiriert, ist seine Liebe zu Hermine, einziger Tochter des Zimmermanns. Die beiden möchten gerne heiraten, aber ihre Väter sind dagegen, der reiche aus Geschäftsinteresse, der arme aus Stolz. Als sich Karl, angefeuert von Hermine, im Laufe des Festes weitere Lorbeeren erwirbt, schmilzt der Widerstand der Alten und die Geschichte endet mit einer Verlobung. Gottfried Keller hat das ‚Fähnlein‘ 1877 in seine Zürcher Novellen aufgenommen. Es zählt zu seinen bekanntesten Werken.
Die Verbundenheit mit dem literarischen Werk und der Person Gottfried Keller prägt das Zunftleben der Hottinger. Zu den bedeutenden Traditionen der Zunft gehört der Besuch des Grabes von Gottfried Keller im Friedhof Sihlfeld. Dieser feierliche Anlass findet jeweils alle zwei Jahre am Sechseläutenvormittag statt. Ursprünglich wurde der Besuch am Grab mit Kranzniederlegung 1931 unter dem damaligen Zunftschreiber und späteren Zunftmeister Hans Weissenberger ins Leben gerufen. In den 60er Jahren wurde dieser Brauch durch Ehrenzunftmeister Heinrich Wipf erweitert: Eine Rede zu Ehren Gottfried Kellers wird im Kreise der Zünfter gehalten und mit dem Bannergruss des Fähnrichs bekräftigt. Die Reden am Grab sind heute ein wichtiger Bestandteil der Zunft Hottingen. (Aus dem Vorwort von Reto Koenig zu ‚Reden am Grab von Gottfried Keller‘)