Rede am Grab 2019 (Toni Allemann anstelle von Gottfried Keller, Urgrossneffe von Gottfried Keller)

Sechseläuten 2019 

An meiner Stelle sollte jetzt Gottfried Keller, Urgrossneffe von Gottfried Keller stehen und einige Worte an Sie richten.

Leider – haben wir gestern die unerfreuliche Meldung erhalten, dass

  • der Urenkel Gottfried Keller schwer erkrankt ist. (ZM wird später darauf noch eingehen)!
  • Wir werden also heute keine Rede hören.
  • Wie Euch bekannt ist, jährt sich dieses Jahr das Geburtsjahr von Gottfried Keller zum 200. Mal
  • Anstelle einer Rede lese ich Ihnen das weltberühmte Gedicht «Abendlied.» vor.
  • Wer könnte den berühmten Dichter besser würdigen – als er selbst!
    Einleitend zum Gedicht, werde ich noch 2 Kommentare von Zeitzeugen vorlesen.
    Nach dem Gedicht wird der Bannerherr erneut einen ehrenvollen Auftritt am Grab abhalten.
  • Gleichzeitig legen wir eine Gedenkminute zu ehren von unserem Gottfried Keller ein.
  • Anschliessend kehren wir zurück ins Zunfthaus.

Ich lese Ihnen jetzt zwei Kommentare von Zeitzeugen von Gottfried Keller zum Gedicht Abendlied vor:

Theodor Storm, schrieb am 20.9. 1879 an Keller, nachdem er das Abendlied gelesen hatte folgendes:

«Augen, meine lieben Fensterlein» – «Dies reinste Gold der Lyrik fand ich im letzten Heft der «Rundschau», und zu meiner Freude unter Ihrem Namen. Ich habe es viele Mal und immer wieder gelesen und vorgelesen, und jeden fasste es, dem ich es las. Ich drücke Ihnen herzlich die Hand, liebster Freund; solche Perlen sind selten. Auch die Besten bringen nur sehr Einzelnes von solcher Qualität»

Wilhelm Peteresen, ein weiterer Zeitzeuge schrieb am 26.12.1883 an Keller:
«Es erschien mir noch schöner, tiefer wundersamer und verklärter, als früher. Diese zwei Fünklein sind etwas so räthselhaftes, eine so unfindbare Vorstellung, daß ich immer von neuem erstaunt bin über die Eingebung, welche sie schuf.»

Hören Sie nun Kellers Gedicht «Abendlied»

Abendlied.

Augen, meine lieben Fensterlein,
Gebt mir schon so lange holden Schein,
Lasset freundlich Bild um Bild herein: 
Einmal werdet ihr verdunkelt sein! 

Noch zwei Fünklein sieht sie glimmend steh’n
Wie zwei Sternlein, innerlich zu seh’n,
Bis sie schwanken und dann auch vergeh’n,
Wie von eines Falters Flügelweh’n.

Doch noch wandl‘ ich auf dem Abendfeld,
Nur dem sinkenden Gestirn gesellt;
Trinkt, o Augen, was die Wimper hält,
Von dem goldnen Überfluss der Welt! 

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