Rede am Grab 2025 (Thomas Lattmann)

Sechseläuten 2025

«Oh – lueg emal de Göopf!!

So rüeft me mir sit über 25 Jaahr am Sächsilüüte uf de Strasse zue – öppä so lang han ich d’Ehr, am Umzug s’Puurli darzstelle.

Für e Klarstellig langet d’Zyyt meistens nöd – höchstens de Hiwyys, dass de Gopfried Chäller es paar Meter wyyter vorne lauft.

Wänn me gnau list – so isch es nöd eifach es Puurli sondern

«ein Entlebucher Senn von 80-Jahrenein noch derber Gesell als der Sohn“ won ich därf darstelle.  

Uf kein Fall wett ich mich natürlich als Chäller ussgäh – genauso wenig wie sich die Wenzel Strapinski in „Kleider machen Leute“ als Graf hät welle uusgäh – aber die Gschicht chunnt mir natürlich sofort in Sinn. Es zeigt aber schön – dass d‘Lüüt uf de Gass wüssed, dass bin ois Hottinger de Goppfried Chäller e wichtigi Rolle spielt.

Hochgeachteter Herr Zouftmeischter

Wohlwyysi Herre Altzunftmeister

verehrti Ehrengäste und Gäste,

liebi Zoifter, liebs Fäähnli,

…Wo miich de Herr Statthalter im Dezämber gfräget hät, ob ich das Jahr d’Red am Grab vom Gottfried Chäller würdi halte, han ich spontan gseit «alles – aber nöd das» .

Ich han dänn aber schnäll chli es schlächts Gwüsse gha – und mal chli röschärschiert und ich bin überrascht gsyy, wo nich gläse han, dass ich öpe nöd der einzig bin– wo nöd unbedingt son e Reed wet halte.. Au wo die 7 Uufrächte 1849 entschiede händ, mit ihrere Faahne as Schützefäscht in Aarau z’gah und deet e Red z’halte, händ’s nöd so eifach en Redner gfunde..

«Alle waren erbost, dass keiner sich unterziehen wollte, und jeder war erzürnt, dass man gerade ihm die Last aufbürdete und das Unerhörte zumutete».

 De Jungi Karl Hediger häts dänn übernah und ganz guet gmacht.

… und will me ja am Brüeder siini Wünsch nöd abschlegig tuet beantworte, stahn ich jetzt da vor oi, und därf miini Gedanke zu Ehre vo dem grosse Maa – em Goppfrid Chäller – mit oi teile.

D’ Wält wo mir hüt drin läbed isch im Wandel. Es isch e Wält vo ufflammende Konflikt und sich beschlünigende Krise. Demokratiefindlichi Tendänze wachsed, langjährigi Partnerschafte werded autoritär und eisiitig untergrabe. Über Jahrzehnti bewährti internationali Büdniss und abmachige werded eisiitig in Frag gstellt oder gchünnt.

Politische Gägner werded under Vorwänd inhaftiert. Internationale Organisatione, wo sich wältwiit für Gsundheit und Süchebekämpfig iisetzed werded über Nacht de Gäldhahne zuedreht. Milliardäre schaltet quasi es ganzes Land ab und über Generatione etablierti Institutione, wo sich um Forschig, Fortschitt und Soziale Uusglich kümmered, werded eifach gschlosse – Lüt im eigene Land verfolgt und abgschobe . Sit Jahrzehnte haltendi Abmachige werded ignoriertt und me wott eifach anderi Länder chaufe-

D’Pressefreiheit isch in vilne Länder zunehmend bedroht und d’Fakte werded verdrüllet. S’Prüefig vo dene Fakte wird als nöd nötig aaglueget und abgschafft oder gar verbotte will eim Fakte schlicht nöd interessiered. Lüüt wärded abgschobe oder Kontrolliert – eifach will si nöd emene angebliche Ideal entspräched.

Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit werded mit Füsse träte.

Wahrlich wildi und unruhigi Zyyte.

In Aabetracht vo dene Entwicklige und Ereignis han ich mich gfröget wie die Gottfried Chäller über sonig Ereignis würd dänke und urteile und ob er gar Lösigsaasätz skizziert.

Es git überraschendi Ähnlichkeite zwüsched de hütige Wält und em 19. Jahrhundert– die Zyyt wo de Goppfried Chäller gläbt hät.

Er hät innere Epoche vom Wandel gläbt – enere Zyyt mit grosse politische Umwälzige, nöd nume i de Schwyyz. In ganz Europa hät er tüüfgryyfendi politische und soziali Transformatione miterläbt.

Die alte monarchische Struktuure sind zämebroche.

D’Entstehig vo moderne Nationalstaate, au di moderni Schwyyz, und s’Strebe nach demokratische Ideal händ die Zyyt prägt.

De Chäller, en scharfsinnige Beobachter isch nöd drumume choo, sich mit dene Herusforderige und Veränderige usenandz’setze und drüber z’schriibe:

«Die Menschen aber lebten wie in einer Zerrissenheit, zwischen einer alten und einer neuen Welt, und sie wussten nicht, wie sie sich in dieser neuen Zeit zurechtfinden sollten»  (aus Die Leute von Seldwyla)

Und wiiter:

«Es war das Schicksal des Menschen, dass er sich von der alten Welt abwenden musste und sich der neuen zuwenden musste, die er nicht verstand, aber die ihn mit einer gewaltigen Macht an sich zog» (aus der grüne Heinrich)

Bim läse vo dene Zitat chönnt me grad meine, de Chäller schriibi vo de hütige Zyyte und segi da under ois.

Aber wie isch er mit dene unsichere Zyyte umgange? Was chame i sonige Zyyte als einzelne Bürger mache? Wie demit umgah?

Die Welt wird sich wandeln, und wer nicht mit ihr zieht, der wird untergehen. Doch auch der, der sich anpasst, muss mit dem Verlust seiner Identität rechnen.“ (aus Die Leute von Seldwyla)

„„Die Umstände einer Zeit lassen den Menschen oft keine Wahl, er muss sich anpassen oder aufgeben, und viele geben auf, ohne es zu merken.

Sind mir also eifach uusgliferet und müend das alles eifach hinäh? Ois eifach aapasse oder uufgäh – oder händ mir gar nöd gmärkt, dass mir scho uufgäh händ? Will mir eifach in Tag ine läbed und ja nonig grad direkt betroffe sind?

Isch es s’Gfühl, das mir als Individue eh nüt chön ussrichte oder gar verändere?

D’Herusforderige damals und hüt sind sicher unterschiedlich – damals s’Strebe nach Demokratie-hüt eher s’Gägeteil mit zuenehmed autoritäre Entscheidigsträger. Trotzallem gaahts um grossi Veränderige uf verschiedene Ebene in beidne Epoche.

Die Gottfried Chäller hät sich vili Überlegige gmacht wie me mit de Useforderige vom Läbe chönnt umgah. S’Überwinde vo Schwierigkeite isch e wesentlichi Voruusetzig für persönlichs Wachstum und s’finde vom Sinn vom Läbe.

Aber eifach isch das weder damals no hüt und de Einzelni isch gforderet:

„In dieser Zeit des Sturms und der Unruhe wird der Einzelne immer wieder an seine Grenzen geführt, und oft muss er einen hohen Preis für das Recht bezahlen, seinen eigenen Weg zu gehen.“ (aus Der grüne Heinrich)

„Er hatte eine große Entschlossenheit entwickelt, niemals aufzugeben, und so lange er konnte, wollte er weiterkämpfen.“

„Es ist nicht der große Plan, sondern der kleine Schritt, der den Weg zur Verbesserung der Welt ebnet.“

Schriibt de Chäller im grüene Heinrich.

Also sicher nöd uufgäh sondern kämpfe – mit chliine Schritt cha de einzelni zur Verbsserig byyträge.

Jede einzelni hät’s i de eigene Händ durch Überwinde vo Heruusforderige und Selbstzwyyfel sich mit de Veränderige i dere Wält z’arrangiere und sie so vo inne und und vo usse z’beiflusse.

De Goppfried Chäller fordert ois uuf, ois de Verantwortig für oises Handle bewusst z’syy:

„Wer heute einen Gedanken sät, erntet morgen die Tat, übermorgen die Gewohnheit, danach den Charakter und endlich sein Schicksal. Darum muss er bedenken, was er heute sät, und muss wissen, dass ihm sein Schicksal einmal in die Hand gegeben ist: heute.“

Die Wort vom Chäller zeiged mir, dass mir d’Zuekunft hüt chönnd aktiv gstalte – und zwar idem mir hüt di richtige Entscheidige treffed und hüt Verantwortig für oises handle übernämed – was wär das für e bessri Wält – wän alli Mänsche, vorallem die a de Macht, eso langrfirstig würded dänke, nöd nume churzfrischtig für ihres Ego oder de eigeni Profit?

Ich fordere oi uuf, d’Saat wo mier hüt säed mit Bedacht z’wähle, damit mir morn innere bessere Wält chönd ernte . Enere Wält wo vo dene Gedanke und Tate prägt isch, wo de Goppfried Chäller ois vorgläbt hät.